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 24.09.2012 RMV-Deutschland 
Uwe Baldes im RMV-Interview
RMV-Deutschland Uwe Baldes im RMV-Interview
 
Im Oktober 1993 erlebte Uwe Baldes beim damaligen Friedensdorfrennen in Oberhausen seine Premiere. Seitdem hat er 291 RC-Car-Rennen bestritten, darunter 161 Rennen in der Königsklasse VG8, in der er von Beginn an zuhause ist. Einige Höhen, wie beispielsweise der vierte Platz bei der WM VG10-235 im Jahr 2002 in Cincinnati/Ohio, und auch manche Tiefen hat er seitdem durchlebt. Die Deutsche Meisterschaft VG8 vom 13. bis 16. September in Dormagen bescherte dem 49-Jährigen einen seiner größten Erfolge. Uwe Baldes, am Nürburgring geboren und mit Benzin getauft, zeigte auf der anspruchsvollen Strecke eine starke Leistung, fuhr im Finale der Klasse 1 den hervorragenden vierten Platz heraus und holte den Titel als Deutscher Meister 40+.
Im Nachgang zur DM VG8 konnten wir den VG8-Routinier, der neben seinen Aktivitäten auf der Rennstrecke auch als Macher der Internet-Plattform nitro-west.de und der Rennserie Nitro-West-Masters vielen Kennern der Szene ein Begriff ist, einige Fragen stellen und waren gespannt auf seine Eindrücke und Antworten.



RMV: Mit der DM VG8 liegt nun dein persönlicher Saisonhöhepunkt hinter dir. Wie würdest Du den bisherigen Verlauf des aktuellen Rennjahres beschreiben?



UB: Die Saison ist ja noch nicht vorbei. Es stehen noch zwei Läufe zum Nitro-West-Masters auf dem Programm, da bin ich derzeit Tabellenzweiter in der VG8. Und auch beim Drei-Stunden-Rennen in Oberhausen will ich natürlich dabei sein. Schon jetzt kann ich sagen: 2012 ist für mich ein tolles Rennjahr. Ich habe bisher zwölf Rennen bestritten, darunter acht in der VG8, bei denen ich sieben Mal einen Top-5-Platz erzielte, darunter zwei Siege, u.a. beim SM-Lauf in Dormagen. Der Gewinn der Sportkreis-Meisterschaft West sowie der vierte Rang bei der DM und der 40+-Titel sind einfach nur super klasse toll, echt fantastisch. Ich schwebe schon seit Tagen auf Wolke Sieben! Aber es sind nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Art, wie ich die Rennen bestritten habe, ruhig und konzentriert – das hat sich ausgezahlt.



RMV: Es ist erfahrungsgemäß immer ein hartes Stück Arbeit, um sich ein so gutes Ergebnis, wie Du es bei der Deutschen Meisterschaft in Dormagen erzielt hast, zu erarbeiten. Was waren aus deiner Sicht die entscheidenden Faktoren, welche letztendlich diesen Erfolg sicher gestellt haben?



UB: Da kommen viele Faktoren zusammen. Eine gute Vorbereitung, beispielsweise. Ich habe für die DM einen neuen MRX5 aufgebaut, da mein bisheriger MRX5 seit Oktober 2010 bereits 22 Rennen inklusiv einer WM und zwei EM´s auf dem Buckel hatte, plus reichlich Trainingskilometer. Mit Dieter Fleischer habe ich einen exzellenten Mechaniker. Wir verstehen uns gut, ergänzen uns, wissen, wie der andere tickt. Außerdem habe ich mich sehr auf dieses Rennen konzentriert, habe mich – anders als sonst – kaum ablenken lassen, habe meine Ruhe gesucht, und ich hatte sogar darauf geachtet, die richtigen Schuhe anzuziehen, da ich mit Schuhen mit dünner Sohle auf dem Gitterrost des Dormagener Fahrerstand schon mal schlechte – oder besser schmerzhafte – Erfahrungen gemacht habe. Es kommen also wirklich viele kleine und große Dinge zusammen.



RMV: Die Leistungsdichte bei der DM war sehr hoch und sowohl im Halbfinale, wie auch im Finale war es bei dir jeweils bis in die letzte Runde hinein äußerst spannend und insbesondere der Kampf um Platz 4 war an Dramatik kaum zu überbieten. Letztendlich wurde das Ergebnis ja von eurer sehr mutigen Tankstrategie entschieden. Wie hast Du die letzten Minuten des Finales erlebt?



UB: Wenn man überhaupt von Dramatik sprechen kann, dann war das Ende des Halbfinales dramatisch. Schließlich ging es da erst einmal darum, überhaupt ins Finale zu kommen. Ich war anfangs auf einem Aufstiegsplatz, fiel dann nach dem Reifenwechsel und einem Fahrfehler auf Rang acht zurück. Dann war ich Siebter und konnte mit genügend Gummi auf den Felgen einen fulminanten Schlussspurt starten, der letztlich belohnt wurde. Ich bin erstaunlich ruhig geblieben, habe einfach mein Ding konzentriert durchgezogen. So war es dann auch im Finale. Ich habe das Rennen von A bis Z sehr konzentriert gefahren, habe mich durch nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringen lassen. Das ist bei mir leider nicht immer der Fall. Mutig würde ich die Tankstrategie nicht unbedingt nennen. Eigentlich hätten wir das in den Vorläufen austesten müssen, und dann wären wir von vorneherein Fünf-Minuten-Intervalle gefahren und hätten einen Stopp gespart, dann wäre es erst gar nicht so eng geworden. Im Finale wusste mein Mechaniker Dieter Fleischer natürlich sehr genau, wie viel er immer eingefüllt hatte, wusste also, was geht. Klar, ich habe schon etwas gezuckt, als der Ruf kam, ich soll Sprit sparen. Das habe ich dann gemacht, habe ab Mitte der Geraden rollen lassen und an anderen Stellen auch. Dann kam der Ruf, ich soll wieder mehr Gas geben und trotzdem sparen. Naja, das war dann schon etwas schwieriger, aber ich hatte Frank Schewiola quasi im Rückspiegel und habe ihn bis ins Ziel hinter mir halten können. Ich bin auch noch bis in die Box gefahren, das waren dann satte 20 Runden und fünfeinhalb Minuten im letzten Stint.







RMV: Du hattest in der Vergangenheit einige Rückschläge zu verkraften. Oft lief es nicht besonders gut. Wie hast Du es geschafft, dich wieder voll zu motivieren und dich auf das Fahren zu konzentrieren?
UB: Ich fahre seit 1993 RC-Car-Rennen, die DM in Dormagen war mein 291. Rennen. Ich empfinde es als normal, dass es mal besser und mal schlechter läuft. Ich mag das Wort Pech grundsätzlich nicht, aber es stimmt, gerade im vergangenen Jahr kamen ein paar Dinge zusammen, da lässt man auch mal den Kopf hängen, wenigstens für den Augenblick. Da waren auch kuriose Dinge dabei, die einem manchen Nerv rauben können. Das muss man dann analysieren und abstellen, verbessern – wie im großen Motorsport. Motivationsprobleme kenne ich nicht wirklich. Mir macht dieser Sport Spaß, jedes Mal aufs Neue. Und wenn ich auf dem Fahrerstand stehe, gebe ich alles, gebe ich beherzt Vollgas – und ab und auch mal zuviel.



RMV: Der VG8-Rennsport ist in vielerlei Hinsicht extrem fordernd. Neben der Fähigkeit, sich bei den Rennen jederzeit perfekt konzentrieren zu können, nimmt auch die Vorbereitung des Materials viel Zeit in Anspruch. Wie schaffst Du es, die Vorbereitung des Fahrzeugs mit deinen vielfältigen anderen Aufgaben, wie z.B. der Arbeit für nitro-west.de, unter einen Hut zu bringen?



UB: Es ist für mich eine Voraussetzung und ein erklärtes Ziel, dass meine Technik zuverlässig sein muss. Und es ist extremst selten, dass bei mir etwas abfällt. Als beim Warm-up in Dormagen vor dem Start des Halbfinales ein Dämpfer abfiel und ich letztlich das Finale verpasste, obwohl ich nach der Reparatur der Schnellste war, war ich stocksauer. Der Grund war, dass ich bei diesem Rennen in zu viele Dinge eingebunden war und mich – ich war ohne Mechaniker dort – beim Befestigen der Dämpfer habe ablenken lassen. Daraus habe ich für die DM die entsprechenden Lehren gezogen und mich fast ausschließlich auf mein Rennen konzentriert.



RMV: Der VG-Rennsport ist sehr technisch und mitunter äußerst komplex. Welche Rolle spielt aus deiner Sicht zum einen das eingesetzte Material und zum anderen das technische Verständnis des Fahrers, bzw. seines Mechanikers?



UB: Wirklich schlechtes Material gibt es nicht. Man muss sich einerseits die Komponenten aussuchen, mit denen man gut zu recht kommt. Beispiel Motor: Für mich ist die Fahrbarkeit eines Motors wichtig, und da gibt es schon markante Unterschiede. Bezüglich des Materials sind auch die Versorgung und die Unterstützung wichtig. Und dann liegt es vor allem an mir selbst, wie ich mit dem Material umgehe, mich damit auseinandersetze, mein Set-up erarbeite, eben das Beste daraus mache. Leider habe ich ja bei vielen Rennen keinen eigenen Helfer, aber bei den wichtigen Rennen habe ich mit Dieter Fleischer einen Mechaniker, der sein Handwerk extrem gut versteht, der auf Zuverlässigkeit höchsten Wert legt und der die Zusammenhänge versteht, mit dem ich also auch sehr gut über Änderungen diskutieren kann – perfektes Teamwork eben.



RMV: Die Rennstrecke in Dormagen gilt als äußerst anspruchsvoll in Bezug auf die fahrerische Leistung und die Haltbarkeit von Fahrzeug und Motor. Bereitet dir das sehr gute Abschneiden bei der DM vor diesem Hintergrund eine besondere Genugtuung?



UB: Dormagen würde ich als Fahrerstrecke bezeichnen, auf der Motorleistung nicht allein entscheidend ist. Umso mehr bin ich mit meiner Leistung speziell im Halbfinale und im Endlauf zufrieden, sehr zufrieden sogar. Damit habe ich sogar mich selbst etwas beeindruckt.



RMV: Du bist nun seit geraumer Zeit mit dem Mugen MRX-5 und auf Contact-Reifen unterwegs. Was sind deiner Meinung nach die Besonderheiten, bzw. Vorteile dieses Materials?



UB: Ich bin gemeinsam mit meinem Bruder Jörg 2010 von Motonica ins Mugen-Team gewechselt, fahre in diesem Jahr allerdings ohne Teamunterstützung. Meinen MRX5 habe ich gleich am Tag der ersten Auslieferung abgeholt und damit kurz darauf in Dormagen die Pole-Position und einen neuen Rundenrekord erzielt. Das war ein echtes Aha-Erlebnis, das einige erstaunt hat. Mir liegt dieses Auto, ich komme hervorragend damit zu recht. Der MRX5 hat ein breites Fenster, in dem er gut funktioniert, die Zuverlässigkeit ist bei entsprechender Wartung sehr gut, bis auf wenige Ausnahmen halten alle Teile sehr lange, zudem ist das Auto sehr wartungsfreundlich. Contact-Reifen fahre ich quasi von Anfang an, als diese Marke auf den Markt gekommen ist. Das erste Rennen mit Contact war die WM in Florida im April 2011. Sehr gute Light-Felgen, überdurchschnittlicher Grip-Level – ein Reifen, der jedem Vergleich absolut standhält. Ich kann mich auch an dieser Stelle nur bei Piero Torregiani für seine Unterstützung bedanken.



RMV: Im Rahmen der Deutschen Meisterschaft wurde im Fahrerlager auch viel über das Reizthema des Jahres diskutiert. Wie stehst Du zur aktuellen Haftmittelproblematik und wie kann die Zukunft des VG-Sports diesbezüglich aussehen?



UB: Dieter Fleischer und ich wurden erstmals bei der WM in Florida damit konfrontiert und wir haben auch das Desaster bei der EM in Luxemburg erlebt. Ich habe für dieses Jahr meine Konsequenzen gezogen und kein internationales Rennen bestritten, und das, obwohl ich EFRA-A-Lizenzfahrer bin. Erstmals seit 1995 habe ich keine EFRA-Lizenz. Und wenn ich sehe, wie diese Rennen abgelaufen sind, war es richtig fern zu bleiben und auch die Teilnahme an der WM VG10 in Thailand abzusagen. Allerdings muss ich zugeben, dass es mir extrem schwer fällt, auf diese Rennen zu verzichten, weil ich es immer schon geliebt habe, an internationalen Rennen teilzunehmen, neue Leute und auch andere Strecken kennenzulernen. Um es klar zu sagen: Ich will keine Haftmittel verwenden, es macht diesen ohnehin schon aufwändigen und komplexen Sport nur noch aufwändiger, noch komplexer und noch teurer. Das kann niemand ernsthaft wollen. Es ist die Aufgabe der Verbände, vor allem IFMAR und EFRA, diesen Sport weltweit zu organisieren, und dazu gehören auch Fehlentwicklungen wie in diesem Fall zu unterbinden. Aber offenbar sind diese damit überfordert. Es wird dazu führen, dass sich Verbände mit schwerfälligen Strukturen selbst ins Aus schießen und neue, flexible Organisationen mehr und mehr das Heft in die Hand nehmen. Der Sport liefert dazu viele Vorbilder. Die Lösung des Haftmittelproblems ist keineswegs einfach. Einerseits bieten sich Einheitsreifen an, die in der Boxengasse ausgegeben werden. Das ist vor allem eine kurzfristige, schnelle Lösung. Andererseits müssen auch die Kontrollmöglichkeiten erweitert werden, weiterentwickelt werden, so wie dies ja auch in anderen Sportarten geschieht, jedoch entsprechend professionell und fundiert. Aus meiner Sicht ist es Fünf vor Zwölf und wir brauchen für 2013 Lösungen, die akzeptiert werden, von den Spitzenfahrern genauso wie von Hobbypiloten, die genauso ein Recht auf einen fairen, unverzerrten Sport haben wie die Profis auch. Gelingt keine akzeptable Lösung, wird das Nitro-Racing viele Fahrer verlieren und die Teilnehmerfelder weiter schrumpfen, was wir uns aber nicht leisten können, da diese eh schon zu klein sind.



RMV: Es stehen für 2012 zwar noch einige Rennen aus, aber ganz sicher hast Du dir ja bereits ein paar Gedanken zur nächsten Saison gemacht. Hast Du dir schon Ziele und Herausforderungen gesteckt, die Du im nächsten Jahr erreichen möchtest, bzw. gibt es evtl. ein Event, dass dich besonders reizen würde?



UB: Also jetzt fahren wir erst einmal die 2012-er Saison zu Ende. Parallel beginnt jetzt schon die Winter-Saison auf unserem Eifel-Ring, der Indoor-Strecke des MAC Adenau am Nürburgring. Dort fahre ich mit viel Spaß Elektro-Tourenwagen und bin als Rennleiter und Zeitnehmer bei allen Rennen aktiv. 2013 werde ich erst einmal auf mich zukommen lassen und sicher erst sehr spät entscheiden, ob und wenn ja, was und wo ich fahren werde. Ziele habe ich immer, und keine Frage, ich würde 2013 gerne wieder international fahren, gerne mal wieder in den USA, wo ich immerhin schon vier Mal am Start war. Und natürlich steht die WM VG8 ganz oben auf dem Wunschzettel. Allerdings versteht ja niemand so recht, warum man diese WM nach der Fukushima-Katastrophe ausgerechnet nach Japan vergeben musste. Da will doch eigentlich niemand hin.



RMV: Verrätst Du uns noch deine Lieblingsrennstrecke?



UB: Eine? Da habe ich schon mehrere. An erster Stelle steht natürlich Oberhausen. Auf dieser Strecke bin ich quasi „groß“ geworden, ich liebe das Layout, das Ambiente, die Herzlichkeit von Josef Holl und seiner Frau. Jeder Tag dort ist etwas Besonderes. Cassino ist eine geile Anlage, einfach perfekt, inklusiv tollem Restaurant. Eigentlich ist man blöd, wenn man nicht für ein paar Tage zum Wintertraining dorthin fährt. Fiorano ist toll, Göteborg ebenso, auch der flotte, flüssige Kurs von Rucphen oder auch der am Hang angelegte Kurs von Clermond-Ferrand.



Vielen Dank Uwe, dass Du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten. Auch wir haben uns sehr über dein tolles Ergebnis bei der Deutschen Meisterschaft VG8 in Dormagen gefreut und wünschen dir für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und alles Gute und hoffen natürlich, dass es dir gelingt, den Schwung aus der Saison 2012 auch ins nächste Jahr mitzunehmen.




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